Aktuell befindet sich eine Spende von 10 Inkubatoren auf der Reise ins Missions-Krankenhaus, das 2021 mit dem Neubau einer Frühgeborenenstation dringenden Bedarf hierfür anmeldet. Lesen Sie mehr zum großartigen Einsatz von Frau Dr. Theresa Harbauer und ihrem Team Haydom-Friends in Tansania.
Es ist die Geschichte der „kleinen Leute“, wie sie Doktor Vicky, Neonatologin und Kinderärztin aus dem Haydomer Krankenhaus in Tansania, nennt. Ich kenne Dr Vicky bereits seit mehr als 10 Jahren. Gemeinsam haben wir sie erlebt die Geschichte der Neonatologie in Haydom, uns dabei viele Nächte bei den „small people“ um die Ohren geschlagen.
Alles begann 2009 mit einem kleinen 10m2 Raum, dem Room Twenty. Durch eine kleine Tür betrat man den stickig heissen engen „Abstellraum“ der Geburtenstation. Eine Heizung im Raum simulierte Inkubatortemperatur und Klima. Auf einer längeren Schrankkommode hatte man eine lange Matratze aufgelegt, auf derer sich aufgereiht nebeneinander die Frühgeborenen in bunten selbstgestrickten Bodys und Mützchens vorfanden. Einige waren kanüliert und es baumelten frei tropfende mit Tesafilm aufgehangene Infusionsflaschen über Ihnen. 3 Kinder teilten sich einen ratternden heisslaufenden Oxygenator, und ein einzig funktionierendes Pulsoxymeter wurde wechselnd zwischen den Kindern ausgetauscht. Zwischen den zwei mit Kindern belegten Schrankkommoden, zwängten sich die Mütter auf kleinen Holzbänkchen und strichen Milch für Ihre Zöglinge in kleine Messbecher aus. Schwester und Arzt musst erst über Kabel und Mütter klettern um zu den Kindern durchzugelangen für eine Visite. Atemhilfen gab es keine. War ein Kind durch die Anästhesie intubiert worden, so musste eine Schwester oder die Mutter die Nacht über das Kind mit dem Beatmungsbeutel beatmen. Meist war das bereits das Ende. Über dem jeweiligen Kind mit Tesa an die Wand geklebt hingen die Kurvenblätter mit dem Behandlungs- und Sondierungsplan für den Tag, sowie den Visitennotizen. Manchmal die einzige Möglichkeit die Kinder zu identifizieren, und wenn ein Windstoss durch das Fenster wehte, durchwirbelte er so manche Identitäten. Eine einzelne Schwester versorgte hier manchmal bis zu 10 Frühgeborene, zusätzlich musste sie auf der Geburtsstation aushelfen, oder bei laufenden Entbindungen, davon gab es manchmal bis zu 10 pro Nacht, dann war der Raum ohne jegliche Überwachung.
Das Haydomer Missionskrankenhaus, in den 60ger Jahren erbaut, liegt in einem der ärmsten und ländlichsten Gebiete Tansanias und dennoch ist es für viele Mütter wichtigster Zufluchtsort für die Geburt ihres Kindes. Bis zu 6000 Kinder jährlich kommen hier zur Welt. Über die Jahre hat sich einiges getan in Haydoms Room Twenty, der nicht länger mehr ein einzelner Raum sondern mittlerweile eine kleine Station mit eigenen Neo-Schwestern ist. Die Kommode ist kleinen metallenen Kinderbettchen gewichen, es gibt zwei Wärmeeinheiten, ein selbstgebautes UV-Licht und mit der Unterstützung kleinerer Initiativen und Vereine konnten 4 Bubble-CPAP, Perfusoren und ein 4 Pulsoxymeter angeschafft werden. Extrem Frühgeborene werden jetzt räumlich von den Reifgeborenen und asphyktischen Kindern getrennt, beim Betreten der Räume muss man seine Schuhe und Kittel draußen ablegen und einen sauberen Überziehkittel und OP Schuhe anziehen.
Trotz des vermeintlichen Fortschritts so hat sich eines nicht geändert, so Dr. Vicky, die akute Platznot. Dicht gedrängt auf einer Giraffen-Wärmeeinheit liegen 4 Frühgeborene, da es nicht genügend Steckdosen gibt, schaltet man Verteilerkabel in Reihe um all die Geräte mit Strom zu versorgen. Bei all den laufenden Konzentratoren und CPAP Geräten wird es unerträglich heiß in den Räumen. Dr Vicky schüttelt kapitulierend den Kopf „manchmal liegen hier 15 Frühgeborene, mit wechselnder Überwachung, man weiß nicht welches Kabel zu welchem Kind gehört, es gibt nicht genügend Bettchen, die Geräte produzieren eine unfassbar große Wärme und verbrauchen die Luft in dem geschlossenen Raum. In einer Notfallsituation weiß man nicht wo man das zu versorgende Kind ablegen soll. Chaotische Zustände.“ Dr Vicky zieht Bilanz: „Es ist Zeit dass man beginnt das Frühgeborene als Individuum wahrzunehmen, dass eine menschengerechte medizinische Versorgung verdient, wie jeder andere Patient auch. Das sind „kleine Leute“, dies müsse man begreifen, „und kleine Leute benötigen ebenso eine eigene Station“ Somit war der Gedanke einer Neuen Frühgeborenenstation geboren. WADI YA WETU WADOGU – das ist Suaheli und bedeutet „Station der kleinen Leute“.
In Haydom soll im kommenden Jahr eine neue Frühgeborenenstation gebaut werden, mit Platz für Inkubatoren, Platz für Mother – Kangorooh Care, Platz für CPAP Geräte und hoffentlich ausreichend Möglichkeit der Kreislauf- und Monitorüberwachung, Platz für Stauraum. Dafür machte sich Dr. Vicky stark und organisiert sogar einen lokalen Benefizmarathon, an welchem die ganze Klinik teilnahm, gemäß dem Motto: Run to save Neonates lifes.
Der Verein Haydom-Friends e.V. unterstützt schon viele Jahre die Kinder- und Frühgeborenenstation Haydoms mit Equipment und nötigen Anschaffungen. Wenn Sie helfen wollen, den kleinen Leuten in Haydom Gehör zu verschaffen und den Bau der neuen Neonatologie in Haydom unterstützen möchten, dann können Sie das gern über die Seite www.haydom-friends.org tun, Betreff „kleine Leute“. Eine Spendenquittung erhalten Sie bei Angabe Ihrer Adresse.
Der Weltfrühgeborenentag ist ein Tag der Solidarität gegenüber „kleinen Leuten“ weltweit. Ich bin stolz dass ich über die letzten Jahre Teil einer wundervollen kleinen Erfolgsgeschichte sein darf, die hoffentlich gerade erst ihren Anfang nimmt.
Dr. Theresa Harbauer
Vorsitz Haydom-Friends e.V.
www.haydom-friends.org
Schinkelstrasse 12, 22303 Hamburg